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Bridgefy: Dezentrale Kommunikation über Bluetooth

Im Zuge der Vorbereitungen für die kommende Großdemonstration, am 01.08.2021 in Berlin, wollen wir auf eine App aufmerksam machen, die es großen Gruppen erlaubt, ohne Internetverbindung miteinander zu kommunizieren. Die App hat sich bereits bei Demonstrationen in Hong Kong bewährt – Zeit, noch rechtzeitig vor der Demonstration einen Blick darauf zu werfen.

Von den letzten großen Demos – zum Beispiel am 01. August 2020 in Berlin – kennen sicherlich viele das Problem: Bei den vielen Menschenmassen (oder bewusst?) ist das mobile Internet total überlastet und man hat keine Chance sich über zum Beispiel Telegram auszutauschen. Informationen, was wo gerade passiert gelangen damit nur per „Buschfunk“ durch die Massen. Im ungünstigsten Fall werden Teile der Demonstranten durch übereifriges Handeln vereinzelter Personen getrennt und aus einer großen Demonstration werden viele einzelne – die immer kleiner werden und keiner mehr so richtig weiß, wo eigentlich „die Musik spielt“.

Deshalb wollen wir heute Werbung für Bridgefy machen – eine App, die Bluetooth am Handy zur Kommunikation nutzt und nicht auf Internet, das „mobile Datenvolumen“ oder eine zentrale Infrastruktur angewiesen ist. Die App hat sich bereits bei Demonstrationen in Hong Kong 2019 bewährt und kam dort zum Einsatz.

Vorab: Bridgefy ist keine freie Software (frei wie in Freiheit), d.h. der Quellcode ist nicht frei zugänglich, aber sie ist zumindest kostenlos (frei wie Freibier). Um kostenlos zu sein, wird außerdem in der App Werbung angezeigt.
Es gibt zwar auch freie Alternativen, wie Briar, doch insbesondere diese App hat den Nachteil, dass man nur mit vorab verbundenen Kontakten kommunizieren kann – was sie zumindest nicht ganz so problemlos nutzbar macht, ohne sich vorab zu Vernetzen und Daten auszutauschen (näheres dazu unten im Update 26.07.2021).

Das Funktionsprinzip

Bridgefy erzeugt über die Bluetooth Funktion der Smartphones, die die App nutzen, ein eigenes Netzwerk und erlaubt so die Kommunikation unter allen Teilnehmern untereinander. Jedes Smartphone hat dabei eine Reichweite von ca. 100m (330ft) im Durchmesser. Das heißt zwei Geräte können miteinander kommunizieren, wenn der Abstand zwischen ihnen kleiner als ca. 100m ist:

Das Ganze scheint nicht sonderlich weit zu sein, doch bei Ereignissen wie Demonstrationen sind ja unzählige Menschen unterwegs. All diese sind dann Teil dieses Netzwerks und können so über sehr große Distanzen – über Kilometer Entfernung – kommunizieren:

Das Ganze funktioniert ohne, dass das mobile Datenvolumen in Anspruch genommen wird oder man Zugriff auf das Internet haben muss. Mittlerweile nutzt Bridgefy intern auch das Signal Protokoll, das heißt die Nachrichten sind Ende-zu-Ende verschlüsselt und werden nur auf den im Netzwerk befindlichen Geräten nach dem Empfang entschlüsselt.

Installation und Einrichtung

Die Installation erfolgt bei Android Geräten über den Google App Store, bei iPhones über den Apple App Store.
Beim erstmaligen Start der App benötigt man eine Internetverbindung (und nur dann, bei jedem weiteren Start funktioniert die App komplett ohne Internetverbindung, also offline).
Man sucht sich dann einen Nutzernamen aus, tippt auf „Complete setup“ – das wars auch schon:

Wie auf dem zweiten Bild zu sehen, ist der Hauptbildschirm sehr spartanisch aufgebaut mit drei Hauptbereichen:

  1. Anzeige einer kurzen Hilfe (auf Englisch)
  2. Private Nachrichten
  3. Broadcast Anzeige (Sende und Empfange Nachrichten von allen Teilnehmern im Netzwerk)

Das wichtigste Fenster ist wahrscheinlich Fenster 3 (Broadcast Anzeige). Geht man hierauf, kann man „einfach“ drauf los schreiben oder Nachrichten anderer Teilnehmer lesen. Beim Aufrufen kommt ein Hinweistext, der anzeigt, dass die Nachrichten zwar verschlüsselt sind, aber von allen Menschen im Netzwerk gelesen werden können. Mit einem Klick auf „Got It !“ verschwindet dieser und man kann schreiben bzw. lesen:

Will man nun einem Teilnehmer eine private Nachricht schreiben, tippt man einfach auf seinen Namen und kann einen privaten Chat starten (die im Hauptmenü unter 2 angezeigt werden) – oder den Nutzer ggf. auch blockieren:

Das alles funktioniert wie erwähnt ohne eine zentrale Infrastruktur und Internetverbindung.

Die Nachteile der App

Wie eingangs erwähnt – Bridgefy ist proprietäre Software, somit ist nicht wirklich nachvollziehbar, was die App intern eigentlich alles so macht. Sie nutzt zwar (mittlerweile) das sehr sichere, offene Signal Protokoll, das heißt die Kritik, die man in einigen Berichten von Mitte 2020 liest, dass die Kommunikation untereinander theoretisch von einem Angreifer in der Menge abgefangen, verändert und weitergeleitet werden kann, sollte mittlerweile vom Tisch sein. Dennoch sollte man eben keine „hochsensiblen Daten“ wie Kontodaten oder ähnliches darüber teilen. Natürlich nicht im „Broadcast Kanal“ (wo sowieso jeder mitlesen kann), aber aus besagten Gründen eben auch nicht in privaten Chats.
Auf einer Großdemonstration sollte aber auch das nicht das Anliegen sein und für den Zweck, im Falle eines Ausfalls der Internetverbindung kommunizieren und Informationen weitergeben zu können, scheint zumindest uns vom Corona-Blog Team die App perfekt geeignet zu sein. Bewährungsprobe ist dann am 01.08.2021 in Berlin – wir sehen uns!


Update 26.07.2021: Da wir in unserem Telegram Kanal darauf aufmerksam gemacht wurden, dass die Leute lieber Briar nutzen sollten (was bei Kuketz Blog vorgestellt wurde), nehmen wir hier kurz dazu Stellung:
Briar ist sicherlich (wie auch schon oben erwähnt) von der Entwickler- und Entwicklungsphilosophie die bessere Alternative. Es wird quelloffen entwickelt und legt großen Wert auf die Privatsphäre der Nutzer. Zudem unterstützt es das Versenden der Nachrichten über das Internet (und nutzt dabei das Tor Netzwerk), WLAN und Bluetooth. Wir hatten uns auch vor Bridgefy Briar angesehen und es leider für den Zweck – Kommunikation im Rahmen einer großen Demonstration – als ungeeignet eingeschätzt. Warum?

  • Weil man vorab die Kontakte, mit denen man in Verbindung treten möchte an der App austauschen muss – sonst bringen auch 100.000 Leute, die Briar nutzen, nichts und leben in ihrer eigenen Blase. Alternativ muss man anfangen dann vor Ort „QR-Codes“ in Massen zu scannen und zu tauschen – oder auf die Internetverbindung vertrauen (und genau diese wird sicherlich fast nicht oder gar nicht benutzbar ist).
    Ein Beitrag bei reddit zeigt das ganze Dilemma ganz gut auf („mesh“ im klassischen Sinn wird eben nicht unterstützt).
  • Außerdem schließt Briar iOS aus – es ist nur für Android verfügbar.
  • Selbst wenn man vorher es geschafft hat, viele Kontakte zu synchronisieren, ist der Bluetooth support noch ziemlich unausgereift – insbesondere bei neueren Android Versionen. Dies zeigen zahlreiche Fehlermeldungen auf der Entwicklerplattform.

Wir zumindest haben Briar mit 2 Geräten über Bluetooth getestet und leider als nicht wirklich „praxistauglich“ eingestuft – auch wenn es von der Mentalität dahinter sicher die bessere Alternative wäre.
Deshalb ist die Wahl eigentlich nur: Keine Kommunikation oder eben „gezwungenermaßen“ über Bridgefy.


Aktuelle News, zu denen wir keine eigenen Beiträge veröffentlichen, findet ihr auf unserer neu eingerichteten Seite: News: Tagesaktuelle Artikel. Ihr findet diese entweder über den Reiter „Aktuelle Beiträge“ oder oben auf der Startseite als Link.

12 Antworten auf „Bridgefy: Dezentrale Kommunikation über Bluetooth“

Frage: Können bei BridgeFy dann im Broadcast-Modus nicht auch irreführende Meldungen durch Störer oder Provokateure durchgegeben werden?
Oder gibt es eine Möglichkeit, dies zu verhindern, indem sich z.B. die Übertragung/Weiterleitung durch das eigene Smartphone auf bestimmte Nicks beschränken läßt?

Hallo,
nein, das geht nicht, sie können lediglich einige Nutzer blockieren (ist oben im Artikel beschrieben).
Ansonsten gibt es dort keine Möglichkeit, etwas zu „zensieren“ – hat sicherlich Vor- und Nachteile.
Zumindest letztes Jahr in Berlin hatten wir aber die Situation, dass wir irgendwo, einige hundert Meter, vom Brandenburger Tor standen und der Aufzug stockte. Mobile Daten gingen nicht und es war einfach nur chaotisch, weil niemand recht wusste, was denn wo los ist. Hin und wieder kamen vereinzelt Infos über Telegram durch und irgendwann hat dann jeder das gemacht, was er intuitiv für richtig hielt.
Vielleicht kann mit Bridgefy zumindest der Informationsfluss so besser sichergestellt werden – wir sind auf Sonntag gespannt 🙂

Viele Grüße

das Corona Blog Team

Hallo zusammen,mir kam die Idee das man HereweGo mit einer Zusatzapp versehen könnte. Um Sternmärsche, Wege von Ortsunkundigen usw. zu organisieren. Frei nach dem Motto Polizei baut dort ne sperre auf gehen wir halt 500 Meter weiter. Diese App müsste halt kurzfristig input erlauben(polizeisperre)diese Verbreiten evt. über Bluethoot. Da Polizei immer über einsatzleiterbefehle geht dieses Mesh aber binnen Sekunden funktioniert würde es denke ich funktionieren. Warum hereweGo weil es auch offline funktioniert(Karten lassen sich laden)und kostenlos ist. Warum noch nicht umgesetzt? ich bin ein besch… Programmierer und sowas erfordert Know How. Dies als Idee für alle Schwurbler,Aluhutträger und Verschwörungstheoretiker(halt ne die gibt es nicht mehr 99% aller Verschwörungstheorien sind ja wahr geworden)

Laut den Kommentaren im Google Play Store braucht man bei der besagten ersten Registrierung eine Telefonnummer und die App Kopiert auch erst mal das komplette Telefonbuch auf den Server des Anbieters. Daher halte ich diese App für ein No-Go.
Briar ist an sich super, benutze es auch, aber es fehlt halt leider die Möglichkeit eines Broadcast Kanals also Nachricht an alle.

Hallo,
das ist so definitiv nicht richtig – wir haben die App selbst getestet, die App braucht keinerlei Berechtigungen, außer „Standort“ (um bluetooth nutzen zu können). Insbesondere keinen Zugriff auf das Telefonbuch. D.h. was da „irgendjemand“ im PlayStore geschrieben hat, ist definitiv falsch bzw. so von uns nicht nachvollziehbar.
Auch eine Telefonnummer ist definitiv nicht nötig, wenn Sie beim ersten Einrichten z.B. über WLAN online gehen können, ist das ausreichend (auch ohne eingelegte SIM Karte).

Die App gibts übrigens auch im Aurora Store – für Menschen ohne Google Play Services – und läuft auch auf Android Versionen ohne Google Play Services oder Google Apps:
https://auroraoss.com/

Briar an sich ist sicherlich nicht verkehrt – nur die oben genannte nötige „vorab Kontakt Synchronisation“ und die noch fehleranfällige bluetooth Übertragung trüben unseren Eindruck der App.

Viele Grüße

das Corona Blog Team

Hallo,
da haben Sie sicher recht – das ist definitiv ein Kritikpunkt an der App.
Leider haben zumindest wir aber keine vergleichbare App gefunden, die ohne Tracker auskommt und zumindest wir sehen (zugegeben schweren Herzens) den Nutzen hier größer als den Schaden. Zumal die Masse der Handybesitzer vermutlich sowieso ein „original Google Android“ mit Play Services und Co bzw. das iPhone Äquivalent haben dürfte – und dann diese Tracker nur der Tropfen auf dem heißen Stein sind.

In unserem Telegram brachte ein Nutzer noch an, mit „Tracker Control“ die Tracker auf dem Handy noch etwas einschränken zu können:
https://f-droid.org/en/packages/net.kollnig.missioncontrol.fdroid

Viele Grüße

das Corona Blog Team

Hier werden Alternativen genannt, https://www.geckoandfly.com/22562/chat-without-internet-connection-mesh-network/ , aber ich vermute bezüglich der Anforderung BROADCAST MESSAGES wird es eher schlecht aussehen.

Mit Trackern und original Android oder iOS hab ihr sicher Recht und klar, nicht jeder kann oder will ein Custom Rom installieren. Aber bei neueren Android Versionen braucht ihr gar keine extra App, da lässt sich auch in den App Einstellung was machen. Per „Settings – Apps and notifications – See all apps – Bridgefy – Mobile data & WiFi – Allow Network access: OFF“ kann man jeder App den (kompletten/WiFi/Mobile/VPN) Netwerkzugriff entziehen. Ihr habt ja beschrieben, dass nach der ersten Einrichtung von Bridgefy der Netzwerkzugriff nicht mehr notwendig ist, also lieber gleich alles unterbinden. 😉

Hallo,
danke für den interessanten Artikel mit den alternativen Apps.
Leider ist es wirklich so, dass die „Broadcast Funktion“ scheinbar bei Bridgefy einzigartig ist – der Markt an Apps ist hier zugegebenermaßen allerdings wirklich klein. Das war für uns der Grund (schweren Herzens) eine unfreie App zu bewerben.
„Der Zweck heiligt die Mittel“ – zumindest aus unserer Sicht in diesem speziellen Fall.

Viele Grüße

das Corona Blog Team

Hallo,
danke für den interessanten Artikel mit den alternativen Apps.
Leider ist es wirklich so, dass die „Broadcast Funktion“ scheinbar bei Bridgefy einzigartig ist – der Markt an Apps ist hier zugegebenermaßen allerdings wirklich klein. Das war für uns der Grund (schweren Herzens) eine unfreie App zu bewerben.
„Der Zweck heiligt die Mittel“ – zumindest aus unserer Sicht in diesem speziellen Fall.

Viele Grüße

das Corona Blog Team

Klingt eigentlich richtig gut und auch weitsichtig.
Ich stelle mir gerade die Frage warum das Handynetz nicht funktioniert.
Es dürfte schwer sein alle Sendeanlagen aller Netze für diesen Bereich abzuschalten. Einfacher funktioniert so etwas mit einem oder mehreren Störsendern um gezielt Bereiche lahmzulegen. Hat Auf dem csd in Berlin das Handynetz funktioniert?
Ich gehe von Störsendern aus und eben nicht von Abschaltung oder Überlastung.
Und da bin ich auch im Thema. Ich bin gespannt ob Bluetooth dort funktioniert oder ob es genau so gedstört ist wie der Handyempfang.
Lasst es mich wissen.

Frank Dickfoß

Hallo,
das ist in der Tat eine gute Frage. Was wir aus eigener Erfahrung sagen können: Bei den letzten großen Demos in Berlin war das Netz nicht komplett weg, es ging immer mal wieder Sekundenweise und einige Nachrichten wurden zugestellt. Auch das „normale Telefonieren“ ging meistens. Allerdings war das große Problem die Benutzung von Telegram, auf das sich damals halt viele Menschen veralssen hatten.
Da hieß es zunächst, es gebe in den offiziellen „Querdenken-711“ Kanälen Informationen und dann kam da den ganzen Tag gar nichts bzw. war nicht abrufbar.
Dafür gab es von allen Seiten widersprüchlichste Informationen, wo man denn jetzt hingehen soll – also der Informationsfluss war eine Katastrophe. Und da das Gebiet doch recht weitläufig war, war das durchaus ein Problem.

Wir sind auch gespannt, ob die App da Abhilfe schaffen kann bzw. ob genügend Menschen sie nutzen.

Viele Grüße

das Corona Blog Team

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