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Kein Lohn für Ungeimpfte bei Quarantäne? Geht das echt?

Hier bekommst du eine Antwort von zwei Rechtsanwälten, einmal von TV-Rechtsexpertin Nicole Mutschke und durch Frau Ellen Rohring. Eines ist klar, es bleibt bei Entgeltfortzahlung für Ungeimpfte!

Update 24. September 2021 Auch der bekannte Fernsehrechtsanwalt Alexander Bredereck griff die Thematik nun in einem YouTube Video auf. Er spricht entgegen der beiden nachfolgend angeführten Anwälten davon, dass ich als ungeimpfter, gesunder Mensch der in Quarantäne muss, kein Geld mehr bekomme. Da sich der Arbeitgeber bislang diese Entschädigung vom Land zurück geholt hat, was weg fallen soll, gibt es nun laut diesem Anwalt keine Entschädigung mehr. Seine Lösung: die Ärzte werden die Menschen krank schreiben, wenn die Personen sagen sie hatten Kontakt zu jemanden mit Corona.
Ergo, der Arbeitgeber ist derjenige der drauf zahlt und der Staat spart Geld.

Wir möchten heute auf zwei Anwälte verweisen, die unserer Meinung nach sehr kompetent sind, auch Klagepaten verweist auf die Anwälte.

Ellen Rohring ist Rechtsanwältin aus Paderborn und hat zum Thema Entgeltfortzahlung inzwischen zwei YouTube Videos veröffentlicht, welche wir hier gerne allen unseren Lesern zur Verfügung stellen wollen, da uns nun schon einige E-Mails zu diesem Thema erreicht haben.
In der Juristerei gibt es keine Lohnfortzahlung, sondern lediglich eine Entgeltfortzahlung und diese ist im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt. Danach hat also der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, für die Dauer von sechs Wochen, danach bekommt er das Geld von der Krankenkasse.
Eine Änderung dieses Gesetzes würde in den Zuständigkeitsbereich unseres Arbeitsministers Hubertus Heil fallen, der aber hat diesbezüglich keine Änderungen angekündigt.

Als ich am Freitag die Nachricht im Radio gehört habe, dass in NRW die Lohnfortzahlung für Ungeimpfte abgeschafft werden soll, war ich doch erst einmal irritiert.
Wieso sollte der Gesundheitsminister in NRW Herr Karl Josef Laumann über eine Entgeltfortzahlung entscheiden können?

Ellen Rohring

Karl Josef Laumann meint auch nicht die Entgeltfortzahlung, sondern die Quarantäne Entschädigung. Die wird vom Land gezahlt, wenn jemand als Kontaktperson in Quarantäne geschickt wird und nicht im Home Office arbeiten kann. Bislang wurde dies so geregelt, dass der Arbeitnehmer seinen Lohn vom Arbeitgeber bekommen hat und sich der Arbeitgeber dies dann als Quarantäne Entschädigung vom Land zurück holt.

Die Tatsache, dass Ungeimpfte keine Quarantäne Entschädigung bekommen sollen, steht schon lange im §56 Abs.1 S.4 Infektionsschutzgesetz. Dort steht:

Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.

Ausschnitt aus dem §56 Infektionsschutzgesetz

Aktuell haben wir eine öffentliche Empfehlung durch die STIKO, das heißt die Länder hätten sich schon früher auf den Ausnahmetatbestand berufen können. Das haben sie aber bislang nicht gemacht, weil es gar keine flächendeckenden Impfungen unter normalen Bedingungen (also nicht auf dem IKEA Parkplatz) gab. Wenn diese sich aber jetzt auf diesen Paragraphen berufen, ist es so, dass sich der Arbeitgeber, das Geld nicht mehr als Quarantäne Entschädigung vom Land zurück holen kann.

Die Entgeltfortzahlung kann nur bei einer nachgewiesenen verschuldeten Arbeitsunfähigkeit verweigert werden. Die müsste aber auch erst mal durch den Arbeitgeber bewiesen werden.
Die Tatsache, dass jemand eine gesetzlich nicht verpflichtenden Impfung nicht in Anspruch nimmt, kann nicht dazu ausreichen, demjenigen eine Entgeltfortzahlung zu verweigern. Da nach Aussagen vieler Juristen kein Verschulden vorliegt.

Die Entgeltfortzahlung kann nicht ausgeschlossen werden, nur die Quarantäne Entschädigung, was zwei völlig unterschiedliche Bereiche sind. Außerdem darf der Arbeitnehmer (ausgeschlossen sozialer Bereich) nicht nach dem Impfstatus fragen.

Teil 1
Keine Lohnfortzahlung für Ungeimpfte? In diesem Video erfahrt ihr, warum weder die Gesundheitsminister der Länder noch Jens Spahn über eine „Lohnfortzahlung“ entscheiden können.

Teil 2
In diesem Video erfahrt ihr, warum auch der gesunde ungeimpfte Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung während der Quarantäne haben kann.

Wie gestaltet sich das Ganze bei arbeitsfähigen Arbeitnehmern die in Quarantäne gehen sollen?

Anspruch für den ungeimpften, arbeitsfähigen Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber auf Fortzahlung der Vergütung kann sich aus dem §616 BGB ergeben.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

Ausschnitt aus dem §616 Bürgerliches Gesetzbuch

Es gibt hierzu derzeit noch keine arbeitsrechtliche Rechtsprechung. Was sind weitere Voraussetzungen für den Anspruch des Paragraphen 616 BGB?

  1. Wann eine vorübergehende Verhinderung vorliegt, kann derzeit nur durch verwaltungsrechtliche Rechtsprechung begründet werden, da diese sich mit der Quarantäne Entschädigung der Arbeitgeber beschäftigt haben. In den Urteilen geht die Meinung zu einen vorübergehenden Zeitraum auseinander, einige meinen 4-5 Tage, andere Entscheidungen sprechen von 14 Tagen.
    Ob dies von den Arbeitsgerichten auch so gesehen wird, ist noch nicht klar, es gibt noch keine Urteile dazu.
  2. Laut der Anwältin ist es eher unwahrscheinlich, dass die bloße Nichtimpfung zu einem Verschulden des Arbeitnehmers führt, was vom Arbeitgeber allerdings auch nachzuweisen wäre. Außerdem wurde der Impfstoff nur bedingt zugelassen und es gibt keine gesetzliche Impfpflicht, deshalb kann man hier nicht von einem Verschulden durch den Arbeitnehmer sprechen, laut der Anwältin. Man geht aber davon aus, dass §616 BGB hier einschlägig ist. Außer der §616 BGB wurde explizit in deinem Arbeitsvertrag für dich ausgeschlossen.

Auch die TV-Rechtsexpertin Nicole Mutschke geht auf das Thema „Wer, wann, was zahlen muss, wenn du ungeimpft in Quarantäne musst“ ein.

In ihrem Video sagt sie nochmal explizit, dass Quarantäne nicht bedeutet, dass man krank ist, sondern, dass man abgesondert wird, weil man beispielsweise Kontakt zu einer infizierten (pos. getesteten) Person hatte.

Sie geht ebenfalls auf den §616 BGB ein und, dass dieser ausdrücklich aus dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden muss, dass der Arbeitgeber nur noch im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitnehmer leisten muss.


Aktuelle News, zu denen wir keine eigenen Beiträge veröffentlichen, findet ihr auf unserer neu eingerichteten Seite: News: Tagesaktuelle Artikel. Ihr findet diese entweder über den Reiter „Aktuelle Beiträge“ oder oben auf der Startseite als Link.

14 Antworten auf „Kein Lohn für Ungeimpfte bei Quarantäne? Geht das echt?“

Meine Schwiegertochter hat mir heut eröffnet, dass sie sich nun doch impfen läst ,obwohl Sie ,wie ich ,große Angst vor dieser Impfung hat,hat es wieder ein Arbeitgeber geschaft, jemanden zu erpressen, finde es richtig traurig ,was hier abläuft und ich kann Ihr nicht helfen, dass macht mich wütend und traurig zugleich!

Wo ist denn geregelt, ob man eine „Impfempfehlung“ hat?
Kann ein Arzt die Empfehlung zur Impfung aussprechen oder eine Empfehlung zur NIchtimpfung erteilen?

Menschen mit schweren Vorerkrankungen:
Das ist ein dehnbarer Begriff.

Da die Tests für Ungeimpfte bei med. Gründen kostenfrei bleiben sollen, wäre es wichtig zu wissen, wie genau man dies nachweisen muss.

Hallo,
das erfolgt dann über den Hausarzt, der einen das bestätigen muss. Wer das allerdings noch als Arzt macht, sei dann dahin gestellt. Wenn man sich betrachtet was mit Ärzten geschah, die Maskenatteste ausgestellt haben.

Viele Grüße
das Corona Blog Team

Ich ahne, dass die Bereitschaft der Ärzte nicht hoch ist, wenn es um solche Bescheinigungen geht.
Dabei gibt es sicher viele Schwerkranke mit hohem Impfrisiko. Gerade die Menschen, die bereits Gerinnsel hatten, sind doch besonders gefährdet.
Ich hatte schon 2 solcher Probleme und bin davon u. durch andere schwere Krankheiten dauergeschädigt (mit Pflegegrad 2). Noch ein solches Ereignis und ich bin dann wohl in Pflegegrad 4 oder 5 (oder gleich tot).

Das ist alles so ein Wahnsinn, weil sich blau Geschlumpfte genauso anstecken, infizieren, übertragen können wie Ungeschlumpfte etc. Sollen sie mal machen, all das wird die Gräben weiter vertiefen und die Fronten verhärten.

P.S. „Außerdem darf der Arbeitnehmer (ausgeschlossen sozialer Bereich) nicht nach dem Impfstatus fragen.“
Soll wohl Arbeitgeber heißen oder nicht gefragt werden 🙄

Bei Krankenpflegepersonal ist es eh so, dass diese zwar eine häusliche Quarantäne einhalten, aber gleichzeitig auch weiterarbeiten müssen, sofern es um symptomlose Kontaktquqrantäne geht. Bei anderen könnte es natürlich sein, dass sie Kopfschmerzen und Gliederschmerzen verspüren, was dann eine reguläre AU auslösen würde. Statt verweigerter Quarantäneentschädigung würde dann die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausgelöst werden. Welcher Arzt könnte bei einem symptomatischen Fall die AU verweigern?

@Alex

Macht Sinn 😉

schließlich wurde Anfang 2020 ja noch „Ergebnisoffen“ nach Heilmitteln geforscht, und die Impfung war noch sehr weit Entfernt.

Wie absolut weitsichtig unsere Regenten doch sind… sieht man ja auch im Ahrtal oder bei Wirecard.

Hüstel…

hüstel, sehr weitsichtig.
Die Politiker sind alle Hellseher und so „besorgt“.
Herr Spahhhn weiß auch bereits heute, dass im Frühjahr dann endlich die Pandemie vorüber ist….d.h. wenn das Wörtchen wenn nicht wär….

Was ist aber mit denjenigen, die wegen med. Gründe nicht geimpft werden können? Dazu finde ich keine Regelung im IfSG.
(… oder ich habe sie überlesen?).

ich freue mich schon auf die Klagen bei den Arbeitsgerichten, mal sehen ob Arbeitnehmer und Arbeitgeber , dass auch so verstanden haben, wie die Rechtsanwälte dies hier ausführen. Da aber die Politiker (absichtlich? ) hier von Lohngeldfortzahlung sprechen, werden die meisten dies wohl anderes verstanden haben, einschließlich ich selber.

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